Sekten in Österreich

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Sekten und ähnliches Ungeziefer ] "Sekten" in den Medien ]

Eine Liste von religiösen Minderheiten und sogenannten "Sekten" in Österreich finden Sie in unserer Linkliste:

Wir wollen hier jedoch einige Fakten darstellen über die Situation von religiösen Minderheiten in Österreich und zitieren Experten:

aus einem Vortrag zum Thema
Die rechtliche Situation religiöser Minderheiten in Österreich in Theorie und Praxis
von RA Dr. Reinhard Kohlhofer

Nach dem Staatsgrundgesetz vom 21. 12. 1867, dem Staatsvertrag von Saint Germain vom 10. 9. 1919 und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. 11. 1950 ist in Österreich wohl das Recht auf individuelle Religionsfreiheit garantiert. Anders sieht es aber für die gemeinschaftliche Religionsausübung aus: Artikel 15 des Staatsgrundgesetzes gewährt wohl das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung, jedoch nur für jede gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften (gemäß Anerkennungsgesetz von 1867)
 
Trotz dieser gesetzlichen Basis vertrat die Kultusbehörde bis heute die Auffassung, dass es keinerlei Anspruch auf eine Anerkennung gäbe, selbst wenn sämtliche vom Gesetz geforderten Voraussetzungen vorlägen. Diese Auffassung, welche der Behörde völlige Willkür ermöglichte, wurde in einer Reihe von Entscheidungen vom Verwaltungsgerichtshof gedeckt, welcher Beschwerden von Anerkennungswerbern mit dem Argument zurückwies, dass diese nicht einmal einen Anspruch darauf hätten, dass ihre Anträge und Eingaben überhaupt behandelt würden.
 
Dies führte vorerst dazu, dass das AnerkennungsG sowohl während der Zeit der Monarchie als auch in der Zeit der ersten Republik praktisch nicht angewendet wurde. Für große Religionsgemeinschaften wurden eigene Gesetze (das Israelitengesetz 1890 und das Islamgesetz 1912) geschaffen. Nach der Wiederherstellung der Rechtsordnung 1945 setzte das Kultusamt - schon bedingt durch seine personelle Besetzung - seine bisherige Praxis fort und ignorierte Anträge auf Anerkennung. So wurde beispielsweise im Jahre 1953 ein Antrag der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage ("Mormonen") ebenfalls nicht behandelt; eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof blieb ergebnislos.
Trotzdem wurde diese Kirche im Jahre 1955 ebenso anerkannt wie davor die Methodistenkirche. Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass beide Anerkennungen gegen den Willen des Kultusamtes aufgrund der besonderen Situation während der Besatzungszeit Österreichs über äußere Interventionen zustande kamen. Auch die weiteren Anerkennungen in den 70iger- und 80iger-Jahren, nämlich der Neuapostolischen Kirche, der Buddhistischen Religionsgesellschaft sowie der Syrisch-orthodoxen Kirche waren erst nach politischen Interventionen möglich. 
 
Diese völkerrechtlich und verfassungsrechtlich unhaltbare Situation änderte sich auch nicht, als der Verfassungsgerichtshof erstmals 1988 aussprach, dass ohne ein durchsetzbares Recht auf Anerkennung weite Teile der österreichischen Rechtsordnung verfassungswidrig wären.

aus einem Artikel des Verfassungsexperten DDr. Heinz Mayer in der Furche vom 2. 11. 2000
Verfassungswidriges Ignorieren eines Rechts 

Nun eilte der Gesetzgeber zu Hilfe. Mit dem Bundesgesetz über religiöse Bekenntnisgemeinschaften wird raffiniert sichergestellt, dass eine Anerkennung auch in den nächsten zehn Jahren nicht erfolgen kann. Alle Religionsgesellschaften, die anerkannt werden wollen, müssen zuvor als religiöse Bekenntnisgemeinschaften zehn Jahre lang anerkannt sein und seit mindestens zwanzig Jahren bestehen. Das betrifft auch solche Gemeinschaften, die schon jahrzehntelang in verfassungswidriger Weise hingehalten wurden. 

Gleichsam zur Sicherheit hat man die Anerkennung an zusätzliche Kriterien gebunden, die den im Jahre 1867 erreichten Grundrechtsstand beinahe vernichten. Ein Beispiel: Für die Anerkennung sollen in Hinkunft etwa 16.000 Mitglieder erforderlich sein. Dazu ist zu sagen, dass von den derzeit zwölf anerkannten Religionsgesellschaften nur vier - möglicherweise fünf - diese Mitgliederzahl erreichen. 

1998 wurde im Parlament die Errichtung einer "Bundesstelle für Sektenfragen" beschlossen. Jährlich werden dafür 5 Millionen Schilling bereit gestellt! Kritiker sprechen von einer "Sektenbeobachtungsstelle" und kritisieren nicht nur die Bestellung des Leiters dieser Stelle, sondern stellen auch die Frage, wozu die Bundessektenstelle eine katholische Religionspädagogin und eine evangelische Fachtheologin im Mitarbeiterstab braucht, wo doch die katholische und die evangelische Kirche von der Beobachtung durch diese Bundesstelle - wider dem Gleichheitsprinzip - ausgeschlossen sind ? 

Anfang Jänner 2001 kritisierte sogar die amerikanische Außenministerin Frau Albright die staatlichen Sektenstellen in Frankreich, Belgien und Österreich, da "der überwiegende Teil der religiösen Gruppen auf den Regierungslisten legitime religiöse Bekenntnisse sind." Sie fügt hinzu, dass anlässlich einer Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa kürzlich "die US-Delegation an die französische Regierung sowie an die Regierungen Österreichs und Belgiens appellierte, ihre Sektenstellen zu schließen."

Das Schreiben endet mit den Worten: "Amerika war immer aktiv und wird weiterhin darin aktiv sein, die Regierungen Frankreichs und anderer europäischer Staaten zu drängen, für die Respektierung der Religionsfreiheit einzutreten. Religionsfreiheit ist das Wahrzeichen einer demokratischen Gesellschaft; sie sollte als eine Quelle gesellschaftlicher Stärke und Stabilität gesehen werden. Bitte seien Sie versichert, dass das US State Department diese Frage weiterhin mit Nachdruck verfolgen wird."

Wir zitieren:

We note that the proposed legislation is part of a disturbing trend in western Europe where some states have adopted, or are considering, discriminatory legislation or policies that tend to stigmatize legitimate expressions of religious faith by wrongfully associating them with dangerous "sects" or "cults." Such laws and policies pose a danger to freedom of religion. For example, government agencies for the dissemination of information on "harmful sects" (government agencies which now exist in France, Belgium and Austria), create the presumption that the groups on which they maintain such information are ipso facto suspect. Similar policies are under consideration in Poland, Romania, Hungary and the Czech Republic.

Lesen Sie dazu auch den gesamten Originaltext !


Ein bedenkliches Stimmungsbild gibt die Niederschrift einer ORF-Sendung zur Jahrhundertwende wieder, in der von "Sekten und ähnlichem Ungeziefer" gesprochen wurde!

 

Derzeit sind  folgende Religionsgemeinschaften in Österreich staatlich anerkannt:

  • katholische Kirche in Österreich
  • Evangelische Kirche A. und H.B. in Österreich
  • Altkatholische Kirche Österreichs
  • Armenisch-apostolische Kirche in Österreich 
  • Griechisch-orientalische (=orthodoxe) Kirche in Österreich
  • Methodistenkirche in Österreich 
  • Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen)
  • Neuapostolische Kirche in Österreich 
  • Israelitische Religionsgemeinschaft 
  • Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich 
  • Österreichische Buddhistische Religionsgemeinschaft 
  • Syrisch-orthodoxe Kirche in Österreich 

Die völlige Widersinnlichkeit der Anerkennungspraxis 

zeigt sich auch daran, dass christliche Kirchen detailliert anerkannt werden bzw. anerkannt werden müssen,  dass aber andererseits der Islam als eine Religionsgemeinschaft anerkannt ist, obwohl doch auch der Islam aus vielen unterschiedlichen - teils fundamentalistischen, teils aufgeklärten - Glaubensrichtungen  besteht.

Khomeini, Arafat und 
Bin Laden gehören somit in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften an, die meisten amerikanischen Präsidenten jedoch nicht! 


"Wenn der Staat sich darauf einlässt, religiöse Minderheiten als 'Sektenproblem' zu definieren, gerät er leicht auf die Bahn derjenigen, die Religion überhaupt als ein Problem ansehen, wenn sie nicht in der domestizierten Form rationalisierter und staatstragender Kirchenbürokratie vorkommt.

Aus dem Vorwort von Hubert Seiwert im Buch "Schluß mit den Sekten!"
Prof. Dr. Hubert Seiwert ist Professor für Religionswissenschaften an der Universität Leipzig
und war Mitglied der Enquete-Kommission "Sogenannte Sekten und Psychogruppen" der deutschen Bundesregierung

 

 

 

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